Verband der Automobilindustrie schlingert: Politik soll an allem schuld sein

von Torsten Warnecke

"Die hohe Mobilität hat ihren Preis, wenn nicht klimafreundlichere, effizientere Fahrzeuge hergestellt werden. Wenn wir uns unsere Klimaschutzauflagen in Deutschland ansehen, dann sehen wir ja, dass wir heute zwar viel effizientere Technologien im individuellen Auto haben, aber dass seit 1990 keinerlei CO2-Reduktion in der Gesamtmenge des Verkehrs erreicht wurde." Dies führte Bundeskanzlerin Merkel auf der vergangenen IAA in Frankfurt aus. Leider die letzte in Frankfurt. Bislang ist aber niemand darauf gekommen, dass die Worte der Bundeskanzlerin es waren, die zum Ende der IAA in Frankfurt geführt haben. Wäre ja auch unverständlich, weil die IAA in Deutschland bleiben soll, so jedenfalls der VDA.


Der hat nunmehr die drei größten Städte als mögliche neue Messestandorte ausgewählt. Was ist denn das für ein weitreichendes Kriterium? Auch das Frankfurter Konzept, mit dem die Stadt sich erneut um die Austragung beworben hatte, soll interessant und perspektivweisend gewesen sein. Und nun ein Hauen und Stechen, wer schuld daran gewesen ist, dass die Messe nicht mehr in Frankfurt sein wird. Eines ist für die Automanager klar, sie waren es nicht. Denn dann müssten endlich Gründe genannt werden.


Doch einen Schritt zurück. Worum geht es eigentlich? Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat sich entschlossen, die Internationale Automobilausstellung (IAA) nicht mehr in Frankfurt am Main abzuhalten. Und dies vor dem Hintergrund eines Verkaufsjahres 2019, das mit gut 3,5 Millionen verkaufter PKW in Deutschland zu den erfolgreichsten gehört. Über Elektrofahrzeuge wurde allenthalben berichtet: Die US-amerikanische Firma, die im Bereich der oberen Mittelklasse und Oberklasse PKW anbietet, war in aller Munde. Allerdings hat sie weniger Fahrzeuge insgesamt verkauft, als allein von dem Elektro-Renault-Modell, dem Zoe, verkauft wurden.
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fabriken sind besorgt über die Prognosen, dass die Zahl der Arbeitsplätze drastisch wegen der Elektromobilität abgebaut wird. Ist das die ausschließliche Begründung? Dereinst gab es für fast jede Motorleistung einen eigenständigen Motor. Längst passé. Mit Turbotechnik und Motormanagement wird aus einem Motor eine große Leistungsspannbreite erzielt. Die Plattformen der Automobile werden für verschiedene Antriebstechniken und Fahrzeugaufbauten standardisiert. Eine für alle. Damit wird die Produktivität deutlich gesteigert. Hinzu kommt die Roboterisierung der Fabriken. Das heißt dann mehr Automobile mit der gleichen Mitarbeiterzahl oder eben Arbeitsplatzabbau.


Selbst der Marktführer in Deutschland plant weltweit mit nur einem Viertel Elektrofahrzeuge auf mittlere Sicht. Der unbescheidene Rest wird Verbrennungsmotoren aufweisen. Und in der Tat: da nun drückt das Aus des Diesel, wie es beispielsweise Volvo verkündet hat. Denn die CO2-Emissionen sinken nicht. Viel Facetten, auf die auch eine Messe Antworten geben kann und muss. Nicht unwahrscheinlich, dass der VDA darauf gar keine klare Antwort hat. Nun aber Kommunal- und Landespolitiker dafür die Schuld zu geben, ist nicht nur billig, sondern verantwortungslos. Ach ja, der Chef des VDA hat am Eröffnungstag der letzten IAA in Frankfurt seinen Hut genommen. Das sagt doch eine Menge mehr aus.

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